Nachlese Fachtagung ZWEI & MEHR-Elternbildung
Elternschaft hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und geht mit erhöhten Standards sowie Ansprüchen an die Elternrolle einher. Das Ideal einer offenen, am Leben eines Kindes interessierten Erziehung, welche die Wünsche und Interessen eines Kindes in den Mittelpunkt stellt und gleichzeitig den Bedürfnissen von Eltern gerecht wird, tragen wesentlich dazu bei. Begleitet wird dies von steigenden Bildungserwartungen. Eine intensive elterliche Erziehung und Fürsorge verlangt (werdenden) Eltern sowie Bezugspersonen, in den unterschiedlichsten Lebensumständen, eine deutliche Mehrarbeit ab und kann zur Überforderung führen. Der verspürte gesellschaftliche Druck führt oftmals zu Unsicherheiten und dem Verlust von Selbstvertrauen und Authentizität.
Die A6 Fachabteilung Gesellschaft des Landes Steiermark lud am 01.06.2022 zur Fachtagung „Intensivierung von Elternschaft" ein, um an Hand von fachlichen Impulsen internationaler Expertinnen und Experten, einen Einblick in die diesbezüglichen Gegebenheiten, Herausforderungen sowie Perspektiven zu erhalten. Im Zuge der Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten wurde zudem diskutiert, wie Familien hierbei bestmöglich unterstützt und begleitet werden können.
Der Vortrag bat einen Überblick über Entwicklungen bei Familien in Österreich und der Steiermark. Thematisiert wurden dabei auch Konsequenzen der COVID-19-Pandemie ‒ etwa für die mütterliche Erwerbstätigkeit, Trennungen oder den Kinderwunsch.
>> Präsentationsunterlage des 1. Fachvortrages <<
Zur Person:
Dr. Bernhard Riederer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und am Institut für Soziologie der Universität Wien. Dort beschäftigt er sich mit den Themenbereichen Fertilität und Familie sowie Ungleichheit und Lebensqualität im regionalen und internationalen Vergleich. Er ist Mitglied der Steuerungsgruppe der EAPS Working Group on Register-Based Fertility Research, Sprecher der Sektion Familienforschung der ÖGS und Teil des österreichischen GGS-Teams.
2. Fachvortrag
"Und manchmal ist es gar nicht leistbar. Elternschaft als (über)fordernde Arbeit"
DIin Wibke Derboven
Der Vortrag gab einen Einblick in die Ergebnisse einer aktuellen arbeitssoziologischen Studie zu den Tätigkeiten von Eltern. Beschrieben wurden die Ziele, Tätigkeiten, zentralen Handlungsstrategien, Ressourcen und Belastungen von Eltern sowie deren (Un)Zufriedenheiten mit ihrem Leben mit Kindern. Unter Berücksichtigung der sehr ungleichen familialen Rahmenbedingungen wurden drei Care-Typen mit sehr unterschiedlichen Arbeitsweisen vorgestellt. Deutlich wurde, dass für alle Eltern die elterliche Versorgung von Kindern in unserer Leistungsgesellschaft mit enormen, manchmal gar nicht leistbaren Anforderungen verbunden ist.
>> Präsentationsunterlage des 2. Fachvortrages <<
Zur Person:
DIin Wibke Derboven ist Ingenieurin sowie Sozialwissenschaftlerin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Hamburg. Sie forscht und lehrt dort unter einer soziologischen und genderorientierten Perspektive in den Feldern Lehr-/Lernforschung, Hochschulforschung sowie interkulturelle Forschung und (Care-)Arbeit. Die Schwerpunkte liegen hier insbesondere in der Analyse der in Familien verrichteten Sorgearbeit für Kinder und in sozialen Ungleichheitsverhältnissen aktiver Elternschaft.
3. Fachvortrag
„Familie 3.0 - Einblicke in ein kinderpsychiatrisches Laboratorium"
Prof. Dr. Michael Schulte-Markwort
Kindheit und Familienleben haben sich verändert. Mehr Rücksicht, mehr Respekt und mehr Anstrengung - das sind die wichtigsten Schlagworte. Mehr Möglichkeiten, mehr Vielfalt und mehr Beliebigkeit. Wie kann man Respekt und Wertschätzung so leben, dass zwischen Norm und Subjektivität eine gesunde und lebendige Familie lebbar ist? Das war u.a. eine der Fragen, die zentral für den Vortrag waren.
>> Präsentationsunterlage des 3. Fachvortrages <<
Zur Person:
Prof. Dr. Michael Schulte-Markwort ist Kinder- und Jugendpsychiater und Experte für Kinderseelen. Er war langjähriger ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- u. Jugendpsychiatrie, -psychotherapie u.-psychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Neben seiner Lehrtätigkeit an der Medical School Hamburg ist er als Ärztlicher Direktor der Oberberg Fachklinik Marzipanfabrik und in seiner Privatpraxis Paidion - Heilkunde für Kinderseelen in Hamburg und Berlin tätig.
4. Fachvortrag
„Die neuen Väter und was dies für die Mütter bedeutet: Weshalb Familie nur gemeinsam gelingt"
Prof.in Dr.in Margrit Stamm
Der Standardvorwurf an Väter ist fast immer der Gleiche: Sie tun zu wenig im Haushalt und sind in der Familie zu wenig präsent. Gleichzeitig hat gerade die Corona-Pandemie gezeigt, dass die Mütter wiederum die familiäre Hauptverantwortung übernommen haben. Basierend auf empirischen Daten eigener Studien verwies Prof.in Dr.in Margrit Stamm in ihrem Referat auf zwei Tatsachen: Das, was Väter durchschnittlich leisten, wird oft ausgeblendet. Umgekehrt haben Mütter eine Schlüsselposition, wie sie ihre eigene Rolle definieren und inwiefern sie auch bereit sind, Verantwortung abzugeben und den Partner als autonome Person zu akzeptieren.
>> Präsentationsunterlage des 4. Fachvortrages <<
Zur Person:
Prof.in Dr.in Margrit Stamm ist em. Professorin für Pädagogische Psychologie und Erziehungswissenschaften an der Universität Fribourg. Seit mehreren Jahren führt sie das Forschungsinstitut Swiss Education in Aarau, welches von ihr gegründet wurde. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die Frühkindliche Bildung und Familie, Kinder und Geschlechtsrollen, Begabungsforschung und Talententwicklung in der Hochleistungsgesellschaft, Chancengerechtigkeit, Berufsbildungsforschung sowie Schulabsentismus und Schulabbruch.
Es ist nicht immer leicht im Alltag mit Kindern ruhig zu bleiben. Permanente Verfügbarkeit, Zeitdruck, das Gefühl nicht gehört und gesehen zu werden, Aggressionen der Kinder, angespannte Verhältnisse im Familiensystem, Erwartungshaltungen, fehlende Struktur, körperliches Unwohlsein und vieles mehr sind alltägliche Herausforderungen, die uns oftmals an die Grenzen unserer Belastbarkeit führen. Was uns hilft ruhiger zu bleiben, welche Säulen uns tragen und welche Fähigkeiten wir brauchen wieder motiviert zu sein, um sich den Aufgaben in der Begleitung von Kindern zu stellen, wurden anhand einfacher Methoden im Vortrag vorgestellt. So treten Freude und Sinn im Leben mit Kindern wieder in den Vordergrund.
>> Präsentationsunterlage des 5. Fachvortrages <<
Zur Person:
Andrea Eder ist Spielgruppenleiterin, Elternbildnerin, dipl. systemische Lebens- und Sozialberaterin, Mentalcoach und ISO-zertifizierte Fachtrainerin in Oberösterreich. Im Jahr 2005 gründete sie in ihrem Heimatort ein Eltern-Kind-Zentrum, welches sie mehrere Jahre leitete. Mit viel Engagement ist sie seit 2011 als Referentin und Trainerin österreichweit tätig und bietet mit ihrem Unternehmen FAMILY EMPOWERMENT u.a. auch Trainingsprogramme in der Erwachsenenbildung und Personalentwicklung an.