Obsorge
Obsorge bedeutet das Recht und die Pflicht, das minderjährige Kind zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es Dritten gegenüber zu vertreten. Zur Obsorge berechtigt sind grundsätzlich die Eltern.
Die Obsorge endet mit der Volljährigkeit des Kindes, also mit dem 18. Geburtstag.
Die Ausübung der Obsorge hat sich am „Kindeswohl" zu orientieren. Laut § 137 Abs. 2 ABGB haben die Eltern „das Wohl ihrer minderjährigen Kinder zu fördern, ihnen Fürsorge, Geborgenheit und eine sorgfältige Erziehung zu gewähren. Die Anwendung jeglicher Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig. Soweit tunlich und möglich sollen die Eltern die Obsorge einvernehmlich wahrnehmen."
Eltern haben vor dem Gesetz ein gemeinsames Obsorgerecht für ihre minderjährigen ehelichen Kinder. Sie sollen hinsichtlich der Pflege, Erziehung, gesetzlichen Vertretung und Vermögensverwaltung ihrer Kinder einvernehmlich vorgehen. Grundsätzlich hat jeder Elternteil allein das Recht sein minderjähriges Kind zu vertreten und braucht dabei nicht die Zustimmung des anderen Elternteiles.
Können sich Eltern in einer wichtigen Obsorgeangelegenheit nicht einigen, so kann das zuständige Pflegschaftsgericht mit der Entscheidung in der Sache beauftragt werden und hat dann zum Wohl des Kindes zu entscheiden.
Für uneheliche Kinder hat grundsätzlich die Mutter die alleinige Obsorge, dies gilt auch, wenn die Eltern in einer nicht ehelichen Partnerschaft zusammenleben. Seit 2013 ist es für Eltern eines unehelichen Kindes möglich, die gemeinsame Obsorge beim Geburts-Standesamt zu vereinbaren, wenn sie sich darüber einig sind. Diese Möglichkeit erspart den Eltern den Weg zum Gericht, jedoch kann die gemeinsame Obsorge auch weiterhin beim Wohnsitz-Bezirksgericht vereinbart werden.
Wenn Eltern getrennt leben und die gemeinsame Obsorge vereinbart haben, müssen sie bestimmen, welcher Elternteil das Kind hauptsächlich betreut.
Mit Inkrafttreten des Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetzes hat sich 2013 rechtlich einiges geändert:
Seither können Väter unehelicher Kinder die Obsorge beantragen, wenn die Mutter der gemeinsamen Obsorge nicht zustimmt. Das Gericht kann auch die gemeinsame Obsorge anordnen, wenn sich die Eltern nicht einigen können und dies dem Kindeswohl entspricht.
Die Trennung von Eltern, die eine gemeinsame Obsorge kraft Gesetzes oder aufgrund einer Vereinbarung haben, verändert grundsätzlich nichts an der gemeinsamen Obsorge. Wichtig ist, dass bei einer gemeinsamen Obsorge, wenn die Eltern nicht (mehr) zusammenleben, zwischen Mutter und Vater vereinbart wird, in wessen Haushalt das Kind zukünftig hauptsächlich betreut werden soll. Dies ist dem Pflegschaftsgericht mitzuteilen. Der hauptsächlich betreuende Elternteil hat allein das Recht, den Wohnort des Kindes zu bestimmen. Können sich die Eltern über die hauptsächliche Betreuung nicht einigen, hat das Pflegschaftsgericht darüber zu entscheiden. Zusätzlich besteht immer auch die Möglichkeit zum Schutz des Kindeswohls die alleinige Obsorge bei Gericht zu beantragen.
Nach einer Scheidung bleibt grundsätzlich die gemeinsame Obsorge beider Elternteile aufrecht. Es besteht aber die Möglichkeit, dass die Eltern die Alleinobsorge eines Elternteiles vereinbaren oder dass das Gericht die Alleinobsorge eines Elternteiles beschließt.
Wenn sich die Eltern nicht in einer angemessenen Frist einigen können, muss das Gericht, sofern dies dem Kindeswohl entspricht, für 6 Monate eine vorläufige Regelung veranlassen. Für diese "Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung" legt das Gericht fest, welcher Elternteil das Kind in seinem Haushalt hauptsächlich betreuen soll und räumt dem anderen Elternteil ausreichend Kontaktmöglichkeiten ein. Während dieser Zeit soll sich zeigen, wie die Eltern mit der veränderten Situation umgehen können, welche Probleme die gemeinsame Obsorge bereiten kann und welche Auswirkungen damit auf das Kind verbunden sind. Nach diesen 6 Monaten trifft das Gericht eine endgültige Entscheidung über die Obsorge.
Soll die gemeinsame Obsorge nach der Scheidung aufrecht bleiben, ist - wie bei der Trennung - festzulegen oder vom Gericht zu beschließen, in welchem Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird.
Seit 2013 müssen Eltern vor einer einvernehmlichen Scheidung eine Elternberatung in Anspruch nehmen und in der Scheidungsfolgenvereinbarung den persönlichen Kontakt des Kindes zum nicht hauptsächlich betreuenden Elternteil festlegen.
Der nicht Obsorge berechtigte Elternteil hat folgende Rechte:
- das Recht auf persönlichen Kontakt mit dem Kind
- das Recht auf Informationen über wichtige Angelegenheiten, die das Kind betreffen und
- das Recht, sich zu diesen Angelegenheiten zu äußern.
Ein Stiefelternteil hat ein begrenztes Vertretungsrecht, was heißt, dass sie/er den/die EhepartnerIn bei der Ausübung der Obsorge in Angelegenheiten des täglichen Lebens vertreten darf, wenn es die Umstände erfordern. Dazu zählt z.B. das Schreiben einer Entschuldigung vom Turnunterricht oder das Abholen des Stiefkindes von der Musikstunde, wenn der Obsorge berechtigte Elternteil verhindert ist.
Bei weiteren offenen Fragen wenden Sie sich bitte an das Referat Familie, Erwachsenenbildung und Frauen.